Es ist noch gar nicht so lange her, dass mir wieder einmal bewusst wurde, wie wenig manche Leute doch über die Do‘s und Don‘ts bei der Jobsuche wissen. Man liest im Internet viele Dinge was man tun und was man lassen sollte. Es gibt hunderte, vermutlich sogar tausende, Bücher mit Tipps und Tricks rund um Bewerbungsschreiben, Bewerbungsgespräch, Gehaltsverhandlungen und ähnlichem. Trotzdem scheinen die gängigen Prozesse und Umgangsformen manchen Bewerbern noch nicht vertraut sein.
Ich finde nicht jede Bewerbung muss zwingend aus der Masse herausstechen. Natürlich ist das oft von Vorteil. Wenn man sich aber bei einem kleinen Unternehmen bewirbt, das nicht auf eine Stelle hunderte von Bewerbungen bekommt, wie es bei Großkonzernen oftmals der Fall ist, reichen oftmals schon sorgfältig durchdachte und geprüfte Bewerbungsunterlagen um die Aufmerksamkeit des Personalchefs zu bekommen.
Wenn ihr euch aber doch lieber in einem großen Unternehmen bewerben und wissen wollt, wie ihr mehr auffallt als die 121 anderen Bewerber, dann kann ich euch ein bestimmtes Buch wärmstens empfehlen:
Leave your mark von Aliza Licht
Ich habe das Buch letztes Jahr im Urlaub regelrecht verschlungen. Sie gibt viele nützliche Tipps und verbindet diese mit Geschichten aus ihrem Leben. Nach und nach erklärt sie wie sie zur erfolgreichen Geschäftsfrau in der Modeindustrie geworden ist und wie das alles mit einem Medizinstudium beginnen konnte. Wenn ihr non-fiction auch so gerne lest wie ich und euch für den Aufbau einer steilen Karriere interessiert (wovon ich ausgehe, wenn ihr diesen Beitrag lest), dann ist das sicher etwas für euch!
Nun aber zurück zum eigentlichen Beitrag. Hier sind sie: Meine Top 5 der Fehler, die ihr im Bewerbungsprozess unbedingt vermeiden solltet.
Platz 1: „Ich informiere mich im Vorfeld nicht über das Unternehmen und die Stelle, auf die ich mich bewerbe. Sonst kann ich ja gar nichts mehr fragen.“
Einige werden jetzt lachen, die Augen verdrehen und/oder gleich zum nächsten Punkt weiter-scrollen wollen, denn so etwas ist ja selbstverständlich. Dachte ich auch. Da war ich aber am Anfang des Bewerbungsgespräches und fragte, was denn schon über die Firma und die Stelle bekannt sei. Es folgte wildes Suchen nach dem richtigen Dokument. Nach einiger Zeit wurde meine Frage dann mit dem wortwörtlichen Text der Stellenausschreibung beantwortet.
Zu Zeiten des Internets ist es so einfach sich im Vorfeld gut über das Unternehmen zu informieren. Wenn ich mich auf eine neue Stelle bewerbe, recherchiere ich nach den nötigen Informationen meistens auf den folgenden Seiten:
Die Website des Unternehmens: Alle Informationen rund um das Unternehmen werdet ihr hier finden. Ein paar Case Studies zu aktuellen oder vergangenen Projekten anzuschauen schadet auch nie. Das zeigt, dass ihr euch schon genauer mit dem Unternehmen befasst habt und mit dessen Arbeit vertraut seid.
Der Social-Media-Auftritt des Unternehmens: Fast jedes Unternehmen ist inzwischen in sozialen Netzwerken unterwegs. Facebook, Twitter, Google+ ist inzwischen Standard. Manchmal gibt es auch noch Instagram und YouTube. Ich nehme an, ihr seid auf diesen Kanälen ohnehin viel unterwegs, meine lieben Digital Natives. Dann sucht hier gleich nach eurem Wunschunternehmen. Das kann euch viele ergänzende Informationen bringen, die ihr so auf der Website nicht gefunden habt.
Kununu: Für alle, die es nicht kennen: Kununu ist ein Bewertungsportal, in dem Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber anonym bewerten können. Bevor ich mich bei einem Unternehmen bewerbe, informiere ich mich immer vorab auf dieser Seite. Oftmals haben vorige Arbeitnehmer ihre Position mit angegeben. Wenn also Person X im Marketing zufrieden war, werde ich es möglicherweise auch sein.
Platz 2: „Wenn die Frage kommt, ob ich etwas über mich erzählen kann, improvisiere ich einfach. Ich kenne mich selbst ja am besten.“
Früher habe ich es selbst so gemacht, dass ich mich auf diese Frage nicht vorbereitet habe. Man weiß, dass sie immer zu Beginn des Vorstellungsgesprächs kommt. Mir ist es dann oft passiert, dass ich vom hundertsten ins tausendste gekommen bin und von kurz und präzise keine Spur mehr war. Niemand will wissen, dass ihr in der achten Klasse ein zweiwöchiges Praktikum im Kindergarten gemacht habt. Genauso wenig interessiert es, dass ihr für euer Studium acht statt sechs Semester gebraucht habt, weil ihr am Anfang des Studiums erst darauf konzentriert wart „euch selbst zu finden“.
Ich bereite mich auf diese Frage inzwischen mit dieser Struktur vor:
WER bin ich: Hier bleibt es zunächst ganz simpel. Name, Alter, Wohnort. Das steht zwar auf eurem Lebenslauf, aber alle anderen Dinge, die ihr in den folgenden 1-2 Minuten erzählen werdet auch. Also trotzdem mit erwähnen.
WAS habe ich gemacht: Ich erwähne hier was ich studiert habe. Studienfach und Schwerpunkt. Niemand will jedes einzelne Fach hören, in dem ihr jemals eine Prüfung abgelegt habt. Außerdem erzähle ich von EINER relevanten Arbeitserfahrung, die dem Job ähnelt, auf den ich mich gerade bewerbe. Ich sage kurz wer der Arbeitgeber war und fasse in einem Satz meine Hauptaufgaben zusammen.
WARUM bin ich hier: Zum Abschluss gebe ich einen kleinen Ausblick auf meine persönlichen Erwartungen. Warum möchte ich mich beruflich weiterentwickeln, was sind meine Ziele in den nächsten Jahren (bitte nicht erwähnen, dass man eigentlich gerne den Chefsessel hätte – nicht lachen, auch das kam schon vor) und warum bin ich ein Gewinn für die Firma. Den letzten Punkt vorher gut überlegen und kurz und knapp in einem Satz zusammenfassen. Niemand erwartet und will von euch, dass ihr ein Plädoyer haltet.
Platz 3: „Wer ist das eigentlich, mit dem ich spreche? Na egal, wird er/sie mir schon erzählen.“
Wird er/sie nicht. Er/Sie geht davon aus, dass ihr wisst, wer er/sie ist. In den Bewerbungsgesprächen, in denen ich selbst Bewerber war, kam es äußerst selten vor, dass mir mein Gegenüber sagte in welcher Position er/sie arbeitete. Es wurde vorausgesetzt, dass ich mich vorher darüber informiert habe. Meistens kann man das über die Homepage der Firma ganz leicht herausfinden. Auch eine Suche bei Google hilft.
In seltenen Fällen wird euch vorher nicht gesagt mit wem das Gespräch stattfindet, weil die Firma noch nicht weiß, wer an diesem Tag Zeit hat. In diesem Fall empfiehlt es sich, kurz vorher anzurufen und nachzufragen. So signalisiert ihr bereits vor einem persönlichen Kennenlernen Interesse.
Falls ihr bereits im Anschreiben über eine Person aus der Firma schreibt, informiert euch GUT, in welcher Position sich derjenige befindet. Ein absolutes No-Go ist es, den Geschäftsführer als „Ihr Kollege Herr Müller“ zu bezeichnen. Würde ich als Geschäftsführerin dieses Anschreiben lesen, würde ich es sofort nach diesem Satz aus der Hand legen. Denn zu wissen, wer der Geschäftsführer der Firma ist, für die ihr euch bewerbt, kann nun wirklich nicht zu viel verlangt sein.
Platz 4: „Zum Glück ist es viel wichtiger, wie ich zu der Firma passe, als dass ich super Noten mitbringe. Das wird denen bestimmt egal sein.“
Das stimmt in vielen Fällen. Zum Beispiel, wenn ihr einen Schnitt von 1,9 habt, Marketing studiert und in Informatik mal daneben gegriffen habt, weil es einfach nicht euer Fachgebiet ist. Vorsichtiger wäre ich, wenn mein Schnitt eher in Richtung 3,5 geht und ich eigentlich in keinem Fach so richtig gut bin. Auch in den Fächern meines Schwerpunkts nicht.
Egal welcher Fall auf euch zutrifft, ich empfehle immer, sich auf die Frage nach einigen schlechten Noten vorzubereiten. Selbst wenn es nur eine oder zwei waren. (Sich nicht darauf vorzubereiten, wenn man fast ausschließlich schlechte Noten hat, ist schon regelrecht fahrlässig.) Es gibt nichts schlimmeres als peinliches Stottern, wenn euch spontan keine gute „Ausrede“ für eine 3,7 in Marketing einfällt. Natürlich kann es sein, dass ihr einfach zu faul wart in diesem Semester. Oder ihr euch eure Zeit nicht richtig eingeteilt habt. Oder oder oder.
Wenn diese Frage kommt, weiche ich ihr nicht aus. Als erstes bestätige ich, dass diese Note nicht zu meinen besten gehört. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Danach suche ich mir ein Themengebiet dieses Fachs heraus und stelle dar und erkläre, dass ich damit zu diesem Zeitpunkt meines Studiums noch nicht zurecht kam, da mir weiteres Fachwissen noch fehlte. Egal, ob ich dieses Wissen jetzt habe oder nicht, ich würde trotzdem nie ein Themengebiet wählen, dass für den Job wichtig ist. Im Marketing können es zum Beispiel wissenschaftliche Theorien sein, die erst im Markenmanagement zwei Semester später genauer erklärt wurden. Die Frage ist ein bisschen ähnlich zu der Frage nach euren Schwächen. Zugeben und erklären was ihr dagegen tut, oder warum ihr nun nicht mehr schlecht darin seid. These, Begründung, Beispiel. Funktionierte im Deutschunterricht in einer Erörterung, funktioniert auch sonst beinahe überall.
Platz 5: „Die Firma sieht sehr locker aus. Alle kommen in Freizeitkleidung ins Büro. Dann kann ich das im Bewerbungsgespräch ja auch machen.“
Bitte nicht. Eure „casual Office Looks“ könnt ihr euch für den Zeitpunkt aufheben, wenn ihr einen unterschriebenen Arbeitsvertrag in den Händen haltet und euren ersten, oder vielleicht sogar lieber euren zweiten, Tag in der neuen Firma habt.
Im Bewerbungsgespräch wollt ihr möglichst seriös wirken, also sollte eure Kleidung das auch ausstrahlen. Je nach Branche ist es unterschiedlich was von eurer Garderobe erwartet wird. In eine Anwaltskanzlei würde ich niemals mit einer hellen Jeans und Sneakers gehen, selbst wenn noch Bluse und Blazer im Spiel sind. In einer Agentur kann man das häufig machen.
Obwohl ordentliches, seriöses Aussehen bei einem Bewerbungsgespräch erwartet wird, rate ich dazu, euch nicht zu verkleiden. Wenn ihr sonst in Jeans und T-Shirt herumlauft, wird euch niemand für seriös halten, wenn ihr auf einmal im Hosenanzug auf der Matte steht. Ihr werdet euch vermutlich nicht wohlfühlen und das sieht man auch.
Da ich im Marketing arbeite, habe ich das Glück in den meisten Fällen keinen strengen Dresscode in der Arbeit vorgeschrieben zu bekommen. In meine Bewerbungsgespräche gehe ich daher häufig mit einer schwarzen Jeans, einer schönen Bluse (irgendetwas schönes, nicht klassisch weiß mit Kragen – das passt einfach nicht zu mir) und einem Blazer. Dazu schicke schwarze Schuhe (nicht zu hoch) und eine ordentliche Tasche. Das ist mein persönliches Erfolgsrezept für den perfekten „Office Look“, bevor ihr wirklich zum „Office“ gehört.